High Society | Theater Regensburg | Opernnetz | 2008

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HIGH SOCIETY (Cole Porter)
17. Mai 2008 (Premiere)
Theater Regensburg

Wahre Liebe

Opernnetz
Text: Frank Herkommer
Fotos: Theater Regenburg

rege_high1 rege_high2 rege_high3 rege_high4Man nehme ein Bouquet unsterblicher Songs, eine immergrüne Geschichte, der keine Wiederholung etwas anhaben kann, wahre Liebe zum Detail, mische das ganze mit herzerfrischendem Humor auf, lege das Werk in die Hände eines Regisseurs, der ein Gespür hat für optimale Rollenbesetzung und die seltene Gabe, aus Künstlern mehr heraus zu holen, als sie sich vielleicht selbst zutrauen – und schon träumt ganz Regensburg von der Liebe. Johannes Reitmeier, bayrischer Intendant am Pfalztheater Kaiserslautern, inszeniert am Theater Regensburg Cole Porters High Society, nimmt der Drei-Paare-Komödie den Staub der 50er Jahre und schafft das Unmögliche: dem spätestens seit Grace Kelly, Bing Crosby und Frank Sinatra längst Bekannten einen neuen Spannungsbogen einzubauen, ein mitreißendes Tempo anzuschlagen und verschmitzten Esprit einzuhauchen. Keine tagespolitischen Mätzchen, keine unsäglichen Liechtensteingags mit Halbzeitwert im Wochenbereich, wozu die Oberschichtenkomödie verführen könnte. Das Ganze dazu noch absolut familiengeeignet, denn Reitmeier aktiviert erotische Phantasien, ohne sie plump und plastisch zu bedienen. Was sich etwa in der berühmten, champagnerfeuchten Poolszene abgespielt haben mag, entscheidet der Zuschauer allein für sich.

Anke Drewes, doppelzuständig für Bühne und Kostüme, liefert einmal mehr ein Meisterstück ihres Könnens ab. Drehbühne mit Bauhausvilla, der Pool angedeutet durch die Griffe der Schwimmbadleiter, die in den Orchestergraben führt; Sofas zwischen den Marken Jaguar und Rolf Benz, Designerhocker und exotische Deko-Pflanzen. Selbst die Tischdecke aus Damast stilsicher. Einschwebende Champagnerflaschen mit der Funktion von Sprechblasen im Comic. Dazu Kostüme, an denen man sich nicht satt sehen kann. Karikierend und charakterisierend, mal grotesk cricket-british, mal mondäner Vamp, hier Dandy, da Hommagen an Dinner-for-one-Butler. Hinreißend ausstaffiert die original brasilianische Samba-Team-Transe Tina Mara (Wallace Jones), die in Rio jedem Festzugwagen zur Zierde gereichen würde.

Das Ballett sprüht vor Tanzlust. Direktor Olaf Schmidt, der im Dezember erstmals Oper inszenieren wird, vermittelte der Company längst seinen unverwechselbaren, an schwebender Athletik, somnambuler Synchronität und experimentierfreudiger Ästhetik ausgerichteten Stil.

Das Philharmonische Orchester unter Leitung von Arne Willimczik versetzt den Saal in permanente Schwingung und prickelnde Stimmung. Filmreife, beste Unterhaltungsmusik.

Die Protagonisten: Alle aus dem Fach Oper bis auf Musical-Star Randy Diamond und die sensationelle Newcomerin Theresa Michelson, gerade mal sweet fourteen, die als halbwüchsige Dinah Lord unglaublich präsent auf der Bühne steht, mit dem Publikum kokettiert wie eine Diva nach dem 30. Bühnenjubiläum, im Gesangsduett mit einer Gesche Geier nicht peinlich wirkt, sondern frisch und unverbraucht klingt, die tanzt und spielt, dass es eine wahre Pracht ist. Gesche Geier als Tracy Samantha Lord: chargiert zauberhaft zwischen therapierbedürftiger, beziehungsgestörter und essgehemmter Upperlady und der zur Liebe erlösten Frau. Gibt den Songs Glanz und Poesie. Ruth Müller im kobaldgrünen elder Queenkostüm: erzkomödiantisch, herrlich überzeichnend, wenn sie reaktiviert wird zur Liebe. Seth Lord spielt Heinz Müller, der Schwerenöter als der einzige Biedermann. Onkel Willie wird verkörpert von Berthold Gronwald und erntet für seine charaktervolle Darstellung des trinkfesten und frauensüchtigen Exzentrikers Beifallstürme. Die Musicalstimme schlechthin Randy Diamond in der Rolle des Ex- und Wiederehemanns Dexter Haven. Keine Rolle im Musicalspektrum zwischen Sympath (an diesem Abend) und Unsympath, die er nicht glänzend auszufüllen wüsste. Die Liz Imbrie spielt und singt Christiana Knaus-Waldemann, hebt die Rolle stimmlich wie darstellerisch auf eine Ebene mit der der Tracy. Karsten Müller überzeugt als ambitionierter Mike Connor. Und Martin-Jan Nijhof, Bariton, singt den George Kittredge wie ein Bariton, was dem Gesamteindruck des Ensembles den letzten Kick gibt.

Das Publikum spendet neun Minuten lang begeisterten Beifall, um sich anschließend in großartiger Laune zur Premierenfeier im Foyer einzufinden. Die Rede des Intendanten Ernö Weil vorbildlich und erfrischend kurz, jenseits der üblichen Gestanztheiten. Unter den Premierenbesuchern erstaunlich viele Kaiserslauterer – Johannes Reitmeier ist am Pfalztheater längst Kult.

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