Was für eine Stadt!
Wieder einmal habe ich – ohne es mir wirklich bewusst zu sein – einen Treffer in Sachen Unterkunft gemacht: keine 20 Meter von den Quattro Canti entfernt mit Balkon auf die belebte Touristenmeile Via Vittorio Emanuele hinaus, die Ohrstöpsel liefert das B&B gleich mit!
An dem Platz treffen die vier Stadtviertel der Altstadt in einer Kreuzung aufeinander, das Zentrum der Altstadt wird von einem Kreis konkaver Fassaden eingerahmt. Tagsüber zieht die Sonne über die Bauten abwechselnd hinweg, so heisst der Platz im Volksmund auch „Il teatro del sole“:
Die drei Etagen erzählen von unten nach oben hinauf von den Jahreszeiten, sizilianischen Helden und Heiligen – die natürlich ganz oben! Hier der Winter mit Gruss an die Heimat, welch traurige Gestalt:
….und aufrecht: der Sommer zur Rechten!
Sommerlich warm ist es gerade wieder. Giulia, unser guide auf den Spuren der Mafia, erzählt, das es zu warm ist, Mandarinen und Orangen könnten so nicht reifen, sie bräuchten Kälte!
Ich gehe auf erste Tuchfühlung mit der Stadt über die Geschichte……..der Mafia, hier in Sizilien die „Cosa Nostra“ – damals, heute……..einer Führung durch die seit 2004 bestehende Organisation „Addiopizzo“ (Ciao Schutzgeld). Über 1200 Betriebe, Bars, Restaurants, Hotels, Läden auf der ganzen Insel machen mittlerweile mit, sie zahlen den Pizzo nicht mehr, was mit folgendem Symbol kenntlich gemacht wird:
Unsere Führung dauert fast 4 Stunden durch das Viertel Capo hinter dem Teatro Massimo, wo wir uns treffen. Die gewaltige Treppe des Theaters kennt jeder aus dem Film „Godfather 3“, nach dem Besuch der Oper „Cavalleria Rusticana“ wird die Tochter des Paten auf diesen Stufen erschossen. Giulia macht gleich einmal klar, das sei alles Hollywood, eine romantisierte Darstellung der Mafia und somit Humbug! Später wird sie zu berichten wissen, das das Theater in den 80ger Jahren saniert werden sollte, wofür 8 Monate Bauzeit veranschlagt waren, aus denen 23 Jahre wurden! Das drittgrösste Theater Europas, der Musentempel der sizilianischen Hauptstadt für 2 Dekaden zu: geschuldet der Dominanz der Cosa Nostra zu damaligen Zeiten in der Bauwirtschaft……….bis ein selbstbewusster Bürgermeister dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen wusste und der Stadt sein Theater wiedergab! Der Film wurde übrigens zu Zeiten gedreht, in denen das Theater geschlossen war!
Die Führung ist hochinteressant und informativ, wir sind nur zu dritt, was der Sache dienlich ist, die vier Stunden sind im Nu vorbei! Die Ermordung des Richter Falcone und nur knapp zwei Monate später die seines Kollegen und Freundes Borsellino als auch die eines beliebten und engagierten Priesters, Guiseppe Puglisi, in den Jahren 1992/ 93 werden zum Wendepunkt in der Haltung der Sizilianer zur Cosa Nostra und der Italiener zur Mafia im allgemeinem! Gerne im Detail auch nachzulesen unter dem Link:
https://www.petrareski.com/reportagen/der-fall-borsellino/
Eine mit den bekanntesten Opfern bemalte Mauer, Erinnerungspflege rund um das Justizgebäude……
Den Abend beschliesse ich im Theater bei einem Konzert zu Ehren und anlässlich des Hundertsten Geburtstag von Maria Callas, die erlebbar tolle Akustik und das lebendig geführte und aufspielende Orchester treiben mir den Verdi unter die Haut!
6 Ränge, 1600 „poltrone“!